DIE LEBENSZUFRIEDENHEIT DER BURGER:
Ein Indikator für die ‘Lebbarkeit’ von Gesellschaften?

Ruut Veenhoven
In: H-H.Noll (Hrsg) 'Sozailberichterstattung in Deutschland. Konzepte, Methoden und Ergebnisse fuer Lebensbereiche und Bevolkerungsgruppen', Juventa Verlag Weinheim und Munchen, 1997, ISBN 3 7799 039 62, pp 267-293

Zusammenfassung
Es hat sich gezeigt, daß die durchschnittliche Lebenszufriedenheit der Bürger ein guter Indikator der 'Lebbarkeit' einer Gesellschaft ist. Dieses Phänomen läßt sich mit Hilfe von Umfragen sehr gut messen. Die durchschnittliche Lebenszufriedenheit unterscheidet sich signifikant zwischen den verschiedenen Ländern und die Unterschiede sind offenbar nicht auf Meßfehler zurückführen. Die durchschnittliche Lebenszufriedenheit stimmt zudem mit anderen Indikatoren der 'Lebbarkeit' gut überein.
Die 'Lebbarkeit' einer Gesellschaft kann prinzipiell auf zweierlei Weise gemessen werden: Erstens anhand des Vorhandenseins spezifischer Lebensbedingungen, von denen man annimmt, daß sie den Bedürfnissen und Fähigkeiten der Bürger entsprechen (angenommene Lebbarkeit) und zweitens über das Wohlbefinden der Menschen (offensichtliche Lebbarkeit). Dieser Beitrag befaßt sich vor allem mit der offensichtlichen 'Lebbarkeit' von Gesellschaften im Sinne von Nationalstaaten und geht der Frage nach, inwieweit die durchschnittliche Lebenszufriedenheit dafür als ein geeigneter Indikator angesehen werden kann. Dazu müssen vier Validitätsforderungen erfüllt werden: ( 1) Auf der individuellen Ebene muß bestimmbar sein, ob Menschen tatsächlich zufrieden sind (substantielle Validität), (2) auf der Aggregatebene müssen zwischen den einzelnen Staaten Unterschiede der Lebenszufriedenheit bestehen (differentielle Validität), (3) dürfen diese Unterschiede keine Meßfehler auf Grund kulturbedingter Verzerrungen enthalten (interkulturelle Validität) und (4) müssen diese Differenzen den an anderen Indikatoren der 'Lebbarkeit' gemessenen Unterschieden zwischen den Gesellschaften entsprechen (externe Validität).

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